(Bericht des BSV-Teamcaptains Ferdinand Bäuerle aus der ROCHADE 12/2006)
Es ist schon lange her, dass der Länderkampf Baden-Elsass das letzte Mal am Hochrhein ausgetragen wurde. 1993 hat der Schachclub Dreiländereck in Weil diesen Schachevent organsiert. Dieser Länderkampf war einer der spannendsten und engsten Turniere in der Länderkampfgeschichte. Es wurde so heiß gekämpft, dass im Endeffekt jeder hätte gewinnen, aber genauso gut verlieren können. Das Ergebnis war dafür umso gerechter. Es war der einzige Länderkampf bis dato, der unentschieden 16 zu 16 ausgegangen ist.
Auch wenn in der Statistik Baden gegen Elsass mit 31 zu 6 Siegen vorne liegt, so ging der letzte Länderkampf im Jahr 2004 im elsässischen Sélestat 15 zu 17 für das Elsass aus. Die Badener hatten somit noch eine Rechnung offen, was einen spannenden Verlauf dieses Vergleichskampfes zwischen Baden und Elsass am 24. September in Lörrach-Brombach versprach.
Mitte Juli 2006 übernahm Ferdinand Bäuerle die ehrenamtliche Tätigkeit als BSV-Teamcaptain und trat damit die Nachfolge von Christof Herbrechtsmeier an, der jahrelang erfolgreich das Team zusammenstellte. Bäuerle, der in Baden-Baden wohnende freie Journalist und langjähriger Funktionär im BSV, hatte ein schweres Erbe angetreten, zumal sich der Termin des Länderkampfes mit den Mannschaftskämpfen der schweizerischen Nationalliga überschnitt, so dass rund 15 starke Spieler aus den Bezirken Freiburg und Hochrhein verhindert waren. Gerne hätte er auch die beiden FMs Hajo Vatter und Bernd Schneider eingesetzt, doch beide vertraten den BSV jedoch am Wochenende bei der Deutschen Schnellschach-Einzelmeisterschaft in Ingolstadt. Kein einfaches Unterfangen somit ein schlagkräftiges Team an 32 Brettern zusammen zu stellen, um unserem Nachbarn links des Rheins Paroli zu bieten.
Der neue BSV-Teamcaptain setzte bei seinem Debüt dabei auf eine Mischung zwischen ‚alten Hasen‘ und ‚jungen Wilden‘, ein Konzept, das voll aufgehen sollte, wie der Spielverlauf dann auch verdeutlichte.
Martin Rothmund, Schatzmeister des Badischen Schachverbandes, hielt die Eröffnungsrede des 38. Länderkampfs zwischen Baden und dem Elsass. Er betonte dabei die Bedeutung dieser Traditionsreichen Veranstaltung in Anwesenheit zahlreiche Ehrengäste, darunter die Oberbürgermeisterin der Stadt Lörrach, Frau Heute-Bluhm. Das Stadtoberhaupt gab pünktlich um 14 Uhr den ‚Startschuss‘ durch die Aufführung des ersten Zuges für den elsässischen Internationalen Meister Daniel Roos in der Begegnung am Spitzenbrett gegen den hiesigen Großmeister Ludger Keitlinghaus.
Die badischen Spieler gingen frohen Mutes und mit viel Engagement in das Treffen und wollten ihren neuen Teamcaptain nicht enttäuschen. Bis zu drei Stunden Fahrt hatten sie morgens in Kauf genommen, um die Farben des Landesverbandes würdig zu vertreten. Ein kleines Novum gab es auch zu vermelden: Es wurde an 33 statt 32 Brettern gespielt, da beide Mannschaftsführer ’sicherheitshalber‘ noch eine Spieler im ‚Gepäck‘ hatten, falls es kurzfristig zu einem Ausfall gekommen wäre.
Früh, bereits um 15.29 Uhr genau, brachte der SV Walldorf spielende Youngster Carlos Hauser die Badener nach einem vorgegangenen Remis zwischen GM Ludger Keitlinghaus und IM Daniel Roos in Führung. Auf ein Unentschieden einigte sich wenig später Christian Bossert an Brett 11 mit seinem Gegner. Einen halben Punkt meldete dann der junge Alexander Srokovsky dem souveränen Schiedsrichter Michael Rütten. Engagiert agierte Daniel Prill, dessen Mühen mit einem Sieg belohnt wurden. Bei zwei Punkten Vorsprung fiel gegen 16.40 Uhr die Niederlage von Thomas Jakobsche (vom Ausrichter SC Brombach) nicht ins Gewicht, zumal die Ersingerin Alisa Frey durch eine schöne Kombination den Straßburger A. Martin in der Folge bezwang.
Eine nette Anekdote am Rande des Länderkampfes: IM Ulrich Schulze sagte zu Debütant Jürgen Heyse (SC Durmersheim), dieser werde wohl zwei Länderspiele machen, sein Erstes und sein Letztes. Jürgen nahm es humorvoll und strafte Ulli mit einem Remis gegen die 150 DWZ Punkte bessere M. Müller vom CE Straßburg zumindest teilweise Lügen. Der erstmals nominierte Senior verteidigte sich geschickt und hatte sich das Unentschieden redlich verdient. Mit diesem weiteren halben Punkt stabilisierte Baden nach dreistündiger Spielzeit den vorläufigen Stand (6,5:3,5). Binnen einer halben Stunde ging es dann Schlag auf Schlag wie bei einem Eishockey- oder Basketballspiel. Gerhard Prill wollte seinem Sohn nichts nachstehen und fuhr ebenfalls einen vollen Punkt ein. Die schönste Partie spielte an diesem Sonntagnachmittag C. Berberich von den Freiburger SF 1887. In einer wahren Opferorgie bezwang er D. Schall an Brett 17.
Gelohnt hatte sich auch die Nominierung von Joshua Hager von den Karlsruher Schachfreunden, auch für ihn hieß es 1-0. Mit seinen erst 12 Jahren wartet er mittlerweile mit einer DWZ von 1929 auf! Er hatte zudem noch eine Rechnung mit dem Elsass offen, bei seiner ersten Nominierung vor zwei Jahren musste er leider eine Niederlage einstecken. Solche durchweg sympathische Jungs wünscht man sich als Vater, Trainer und Lehrer.
Zur Journalistenpflicht gehört nicht nur über Siege, sondern auch über Niederlagen zu berichten. Gratulieren mussten zwischenzeitlich ihren Gegnern Jürgen Thier, Hildegard Johé und Reimund Schott. Freuen konnte sich hingegen Jochen Reith (Schachabteilung Vimbuch), der als Debütant wie auch Ramadan Raka und Markus Merkel (beide SC Iffezheim) zu seinem ersten Länderspielsieg kam. An Brett 7 überspielte Alexander Postojev seinen Gegner B. Marzolf. Ob Alexander für Argentinien oder für Baden spielte, war die Frage eines Kiebitzes, aufgrund des T-Shirts des Handschuhsheimer Spielers. Eine klasse Leistung war auch der Sieg von Nikolaus Sentef, der mit dem Erfolg über T. Duchateau gegen 18.30 Uhr die Führung auf 18,5:10,5 ausbaute. ‚Über meine Nominierung freue und wundere ich mich zugleich. Ich wurde noch nie aufgestellt.‘, schrieb Ende Juli Nikolaus Sentef per E-Mail, der in der Position des 1.Vorsitzenden seinen Verein, den SC Raststatt, aus den ‚Niederungen des Bezirks‘ in die Landesliga führte und im Jahr 2003 sich den Titel Badischer Pokalmeister holte. Er kennt darüber hinaus als BSV-Leistungssportreferent sehr viele Jugendspieler und freute sich auf ein Wiedersehen mit ihnen in Lörrach-Brombach.
Die ersten Glückwünsche zum damit feststehenden Mannschaftssieg konnte der neue BSV-Teamcaptain Ferdinand Bäuerle von seinem Vorgänger Christof Herbrechtsmeier entgegennehmen. Auf den ‚alten Hasen‘ war wie gewohnt Verlass, er rang FM A. Schmitt an Brett 5 ein Remis ab. Unentschieden trennten sich außerdem der erst 15jährige Sebastian Bogner und FM J. Netzer am zweiten Brett. Seinen IM-Titel hat der sympathische Neuhausener bereits und ist auf dem besten Wege zum Großmeister. Wie Klinsi bei der Fußball-WM über Basti Schweinsteiger geschwärmt hat, war BSV-Teamcaptain Ferdinand Bäuerle von ’seinem Basti‘ überzeugt. ‚Dass Sebastian trotz zahlreicher Erfolge nicht abgehoben hat, dies finde ich einfach klasse‘! Bei den Open in Ditzingen und Crailsheim wurde das hoffnungsvolle BSV-Talent diese Jahr Co-Sieger, beim Open in Böblingen verschaffte er sich durch seinen sechsten Rang gebührenden Respekt bei renommierten GMs und IMs. Man müsste wohl in den Annalen des BSV stöbern, um zu entdecken, dass erstmals ein erst 15jähriger bei einem Länderkampf an Brett 2 gesetzt war.
Andreas Lehmann (Sabt. Vimbuch) wie auch der Brombacher Matthias Balg, zwei Debütanten, einigten sich dann mit ihren Partnern auf Remis. Für einen ganzen Punkt sorgte anschließend Neuling Alexander Rogaschewsky, der an Brett 23 der Elsässerin S. Brunstein das Endspiel abnahm. Von den Vertretern der Lokalpresse wurde dann Andreas Heimann (SC Dreiländereck) nach seinem Sieg über S. Leburgue förmlich belagert. Dass der neue BSV-Teamcaptain Ferdinand Bäuerle verstärkt auf die Jugend baut, zeigte die Nominierung von Andreas Heimann, der an Brett 8 zum Einsatz kam. Der 14jährige demonstrierte bei der diesjährigen Badischen Blitz-Einzelmeisterschaft in Pforzheim sein Können und wurde verdienter Vize. Mit ihm hatte Baden sogar den U14-Europameister 2006 aufzubieten!
Zum Endstand von 21:12 steuerten IM Ulrich Schulze, Tobias Wenner, WGM Ekaterina Borulya und Hans Wiechert vier weitere Punkte bei. Wie ein Löwe wehrte sich zwar Udo Düssel an Brett 3 bis zum Schluss gegen IM L. Roos, doch es half alles nichts. In Form eines halben Punktes gegen FM S. Munschi setzte Helmut Scherer, zehnter der Deutschen Blitz-Einzelmeisterschaft, zwei Minuten vor dem offiziellen Ende dann den Schlusspunkt des Länderkampfes.
Wenngleich der Gesamtsieg verdient war, fiel er sicherlich um einige Punkte zu hoch aus, aber so ist nun mal der Sport. Es war ein erfolgreiches Debüt zahlreicher ‚Frischlinge‘ in der Baden-Auswahl sowie dem neuen BSV-Teamcaptain Ferdinand Bäuerle. Besonders an den Brettern 6-27 punkteten die Badener erfolgreich. Allen Spielern der beiden Verbände wird dieser Sonntag in guter Erinnerung bleiben. Herr Netzer, Präsident des elsässischen Schachverbandes, dankte anschließend nochmals dem BSV, dass nach einer Pause von einem Jahr, damit die Tradition wieder auflebte. Man freut sich auf ein Wiedersehen mit den Badenern im September 2007!
Dank eines sogenannten ‚Live-Tickers‘ konnten die Fans der badischen Auswahl übrigens erstmals weltweit den Spielverlauf im Internet verfolgen. BSV-Teamcaptain Ferdinand Bäuerle und Gerhard Gorges, stellvertretender Leiter des Schachbezirks Mittelbaden, unterhielten amüsant die Usergemeinde als Moderatoren. ‚Tolle Idee, euer Newsletter wird sogar von einem Mitglied von uns in Shanghai geklickt‘, so Markus Haag, der erste Vorsitzende des SC Brombach, der sich mit seinen Vereinskameraden rührend darum kümmerte, optimale Spielbedingungen für den Länderkampf Baden – Elsass am Sonntag in der Sporthalle Brombach zu schaffen.